Die Doldenblütler sind zum Teil sehr schwer auseinander zu halten. Deswegen habe ich mir vorgenommen, sie mir in der Reihenfolge, wie ich in der Natur im Lauf des Jahres auf sie aufmerksam werde, einmal genauer anzusehen.
Manche der weißblühenden Doldenblütler treten geradezu massenhaft, wellenartig, in Wald und/oder Wiesen auf. Wenn man genauer schaut ist dann häufig Im April der Wiesen-Kerbel, im Mai der Behaarte Kälberkropf, im Juni der Giersch und ab Juli die Wilde Möhre für das viele Weiß verantwortlich, wobei sich die Blühzeiten im Einzelnen natürlich auch überschneiden können. Sehr oft sieht man bei uns im südlichen Alpenvorland ab Juni auch noch den Wiesen-Bärenklau und den Gewöhnlichen Klettenkerbel.
Im Einzelnen habe ich hier folgende Arten bearbeitet:
1. Giersch / Aegopodium podagraria
2. Wiesen-Kerbel / Anthriscus sylvestris
3. Sumpf-Haarstrang / Peucedanum palustris
4. Rauhaariger Kälberkropf / Chaerophyllum hirsutum
5. Gold-Kälberkropf / Chaerophyllum aureum
6. Aufrechter Merk oder Berle / Berula erecta
7. Wiesen-Bärenklau / Heracleum sphondylium
8. Wilde Engelwurz / Angelica sylvestris
9. Wiesen-Kümmel / Carum carvi
10. Wilde Möhre / Daucus carota
11. Wald-Sanikel / Sanicula europaea
12. Rüben-Kerbel oder Kerbelrübe / Chaerophyllum bulbosum
13. Fremde Pimpinelle / Pimpinella peregrina
14. Österreichischer Rippensame / Pleurospermum austriacum
15. Hunds-Petersilie / Aethusa cynapium
16. Gewöhnlicher Klettenkerbel / Torilis japonica
17. Gewöhnlicher Pastinak / Pastinaca sativa
18. Große Pimpinelle / Pimpinella major
19. Kleine Pimpinelle / Pimpinella saxifraga
20. Wiesensilge / Silaum silaus
21. Hunds-Kerbel / Anthriscus caucalis
1. Schon im zeitigen Frühjahr bin ich auf der Suche nach einem Doldenblütler, den ich schon an seinen jungen Blättern eindeutig erkenne: nämlich dem Geißfuß, Giersch, Aegopodium podagraria. Er tritt mit seinem unverkennbaren Aroma und seinen glänzenden, zuerst gefalteten Blättern in Wäldern und Gärten in großen Beständen auf. Laut Bestimmungsliteratur sind sie "doppelt dreizählig gefiedert, die Fiedern 1. Ordnung oft nur 2-spaltig, einem Ziegenfuß ähnlich. Daher auch der Name 'Geißfuß'."
Ich bin schon mit vielen Gierschblatt-Sträußchen nach Hause gekommen und habe sie kulinarisch auf vielerlei Art verwendet. Und er schmeckt mir immer noch. Sie sind auch den ganzen Sommer über zu finden, weil der Giersch eine sehr widerstandsfähige Pflanze ist und nach dem Abmähen schnell wieder sprießt.
Am 25.05.2018 bei einem Rundgang um den Rösslerweiher habe ich gesehen, dass der Giersch zu blühen beginnt. Im Juni ist vor allem er für das Weiß in unseren Wäldern verantwortlich.
Im Juli und August sind dann die Früchte zu sehen:
2. Aber der erste blühende Doldenblütler bei uns in Oberschwaben ist eigentlich immer der Wiesen-Kerbel, Anthriscus sylvestris, der schon im April blüht und für viel Weiß auf den Wiesen und an den Waldwegen sorgt. Am 28.04.2018 habe ich ihn am Metelisweiher bei Oberhofen fotografiert.
Am 02.06.2018 waren dann an dieser Stelle die noch überwiegend grünen Fruchtstände zu sehen:
3. Den Sumpf-Haarstrang, Peucedanum palustre habe ich erst in letzter Zeit kennengelernt durch die Exkursionen mit Helmut Herwanger. Ich erkenne ihn an seiner Farbe, seinen feinen Blättern und vor allem an seinem Standort in Sumpfwiesen. Man kann ihn dort schon im April sehen. Mein Foto stammt allerdings aus dem April 2012, weil ich ihn dieses Jahr nicht fotografiert habe.
Der Sumpf-Haarstrang beginnt erst im Juli zu blühen. Aber um ihn zu sehen, muss man sich in sumpfige Gebiete begeben.
4. Nach dem Kerbel blüht üblicherweise der Rauhaarige Kälberkropf, Chaerophyllum hirsutum in größeren Beständen. Die Kälberkropf-Arten habe ich zu meinen Herbariumszeiten noch gar nicht gekannt, sondern erst seit ich in den letzten 10 Jahren an verschiedenen botanischen Exkursionen teilgenommen habe. Auf den ersten Blick könnte man ihn für Wiesen-Kerbel halten. Doch die Blüte ist irgendwie üppiger und duftet etwas süßlich. Oft ist sie nicht ganz rein weiß. Die Blätter gehen mehr ins Gelbgrünliche und der Stängel hat keine Rillen und ist auffallend behaart. Aber am allerbesten erkennt man ihn daran, dass seine Blütenblätter fein bewimpert sind, wenn man sie genau betrachtet. Eine Lupe ist dabei hilfreich.
Die folgenden Fotos habe ich am 25.05.2018 im Südosten des Rundwegs um den Rösslerweiher gemacht.
5. Am 25.05.2018 hat am südwestlichen Ufer des Rösslerweihers auch schon der Gold-Kälberkropf, Chaerophyllum aureum, geblüht. Er hat nicht den süßlichen Duft des Behaarten Kälberkropfs. Sein Aroma ist leicht möhrenartig. Der Stängel ist unten behaart und hat rote Flecken. Von der Farbe her gleicht er eher dem Wiesen-Kerbel. Der Gold-Kälberkropf ist bei uns lange nicht so häufig wie der Rauhaarige Kälberkropf, aber wenn man ihn kennt, sieht man ihn immer wieder.
6. Am Mühlkanal im Nordosten des Rösslerweihers habe ich ebenfalls am 25.05.2018 ein ziemlich großes Vorkommen an Blättern des Aufrechten Merk, Berula erecta gesehen, den ich bisher nur von Weissenbronnen her kenne (Exkursion mit Helmut Herwanger). Offensichtlich sieht man ihn nur aus der Ferne, weil man durch fließendes Wasser von ihm getrennt ist. Typisch für ihn ist, dass das Endteilblatt der einfach gefiederten Blätter mehr oder weniger dreiteilig ist. Wenn man ihn einmal kennt, sieht man ihn in Oberschwaben fast in jedem Bach, gar nicht selten in großen Beständen.
Anfang Juli, habe ich den Aufrechten Merk blühend gesehen. und zwar mitten in der Ortschaft Schlier, ebenfalls in einem Fließgewässer, das mich auf Abstand gehalten hat.
7. Ihn erkenne ich auch schon an seinen charakteristischen Blättern: den Wiesen-Bärenklau, Heracleum sphondylium. Anfang Juni (02.06.2018, Waldweg am Metelisweiher) ist noch nichts von einem Blütenansatz zu sehen.
Ende Juni 2018 (27.06.2018 auf dem Elsterperlenweg im Vogtland) begegne ich zum ersten Mal einem aufblühenden Exemplar:
Im August kann man die Früchte sehen:
8. Die Wilde Engelwurz, Angelica sylvestris, lässt sich auch schon an ihren Blättern, die schon früh erscheinen, identifizieren. Erstens an deren charakterisitischer Form und außerdem verströmen sie beim Verreiben den einzigartigen Duft der Engelwurz.
Zum Blühen kommt die Engelwurz ziemlich spät. Ich habe sie im August in voller Blüte im Wurzacher Ried angetroffen.
Am 20.08.2018 habe ich im Altdorfer Wald bei Baumgarten die Früchte der Wilden Engelwurz gesehen.
9. Im Juni kann man in Oberschwaben, wenn man ein bisschen Glück hat, den Wiesen-Kümmel, Carum carvi sehen. Häufig handelt es sich hier um einzelne Pflanzen auf Wiesen, die sich nicht gerade in den Vordergrund drängen, sondern man muss sich zu ihnen ziemlich hinab begeben. Er gehört eher zu den unauffälligen Pflanzen, die, zumindest im Alpenvorland nicht in großer Gesellschaft auftreten und die eher wenig Raum einnehmen. Dass es sich um Kümmel handelt, merkt man am ehesten an der Form und dem Aroma der Früchte und an der speziellen Form der Blätter, denn die untersten Fiederblättchen befinden sich deutlich abgerückt von den anderen Fiederblättchen nahe der Blattspindel sich kreuzend. Ich habe den Kümmel bis jetzt noch nie ohne Blüten oder Früchte gesehen, weil seine eher zarten Blätter in den Wiesen gern untergehen.
Der Kümmel ist im allgemeinen ein bisschen früher dran mit Blühen als die Wilde Möhre. Außerdem sind meistens keine Hüll- und Hüllchenblätter zu sehen, weil diese sehr schnell abfallen, während die Wilde Möhre ganz ausgeprägte, filigrane Hüll- und Hüllchenblätter besitzt.
10. Die Wilde Möhre, Daucus carota, kann man dagegen schon gut an an ihren Blättern erkennen. Sie erinnern von Farbe und Form an die Garten-Möhre und riechen beim Verreiben auch so. Außerdem können sie ziemlich groß und üppig sein und so die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. 2018 ist sie mir erstmals am 05.06. auf dem Argenrundweg aufgefallen:
Die Blüte der Wilden Möhre mit ihren filigranen, langen, fiederschnittigen Hüllblättern ist unverkennbar. Sie kommt aber erst im Juni zum Vorschein. Danach ist sie dann fast überall zu sehen und, wie es für mich aussieht, der häufigste weiß blühende Doldenblütler im Sommer.
Ebenso unverkennbar ist die nestförmige Fruchtdolde der Wilden Möhre:
11. Auch den unauffälligen Wald-Sanikel, Sanicula europaea, habe ich 2018 erstmals am 05.06. auf dem Argenrundweg gesehen. Er war zu dem Zeitpunkt schon verblüht.
12. Am 09.06.2018 habe ich bei Kirchheim/Teck einen mir bisher unbekannten Doldenblütler entdeckt, der auch in Oberschwaben gar nicht vorkommen soll, sondern in Baden-Württemberg vor allem an Neckar und Tauber: den Rüben-Kerbel oder die Kerbelrübe, Chaerophyllum bulbosum.
Die Pflanze hat insgesamt und vor allem von den Früchten her ein gewisses kälberkropfartiges Aussehen und wächst sehr hoch, etwa bis zu 2 m. Außerdem fallen die sehr dünnen und langen Fiederblättchen auf. Der Stängel ist bereift
13. Im Westen Ravensburg fand ich am 17.06.2018 die mir bisher nicht bekannte Fremde Pimpinelle, Pimpinella peregrina. Im ersten Moment habe ich zwar an die Kleine Pimpinelle, Pimpinella saxifraga, gedacht, jedoch sprechen die abstehend behaarten Fruchtknoten eindeutig für P. peregrina. Weitere Bilder konnte ich leider nicht machen, weil mich mein Foto im Stich gelassen hat. Aber die rundlichen Blätter haben auch für P.peregrina gesprochen.
2022 ist mir die Fremde Pimpinelle zum ersten Mal in Weingarten an der Mauer beim Aufgang zur Basilika aufgefallen:
Und am Ende der Mauer wächst sie sogar in großen Mengen. Ich weiß nicht, ob von selbst oder angesät.
14. Am 19.06.2021 habe ich im Auwald an der Iller bei Ferthofen auf der bayerischen Seite einen mir völlig unbekannten Doldenblütler gefunden, allerdings war nur nur 1 Exemplar zu sehen:
Die Pflanze machte einen kräftigen Eindruck, geblüht hat sie noch nicht. Die Bestimmung war aber schon aufgrund der charakteristischen Blätter und Hüllblätter leicht möglich.
Das kann nur ein Österreichischer Rippensame, Pleurospermum austriacum sein, der als Alpenpflanze auch entlang der Iller vorkommen kann und den Helmut Herwanger in seinem Artikel "Botanischer Streifzug durch Oberschwaben" erwähnt hat.
15. Am 26.06.2018 habe ich im Vogtland die Hundspetersilie, Aethusa cynapium gesehen. Diese begegnet einem in Oberschwaben auch immer wieder. Sie sieht auf den ersten Blick irgendwie kerbelartig aus. Aber die untrüglichen Kennzeichen sind die Hüllchenblätter, meist 3, nur auf der Außenseite der Döldchen angeordnet und meist zurückgeschlagen und länger als die Blütenstiele, sowie die auf der Unterseite glänzenden Blätter, die beim Zerreiben unangenehm riechen. Das unten stehende Foto ist zwar nicht zu meiner Zufriedenheit geraten, aber die langen Hüllblätter sind trotzdem gut zu erkennen.
Bei dieser Pflanze im Vogtland dürfte es sich um die Subspezies "elata" handeln, da die Pflanze sehr hoch war ( ca. 2 m) und am Grund des Stängels braunrot gefärbt und weißlich bereift war.
Am 21.07.2018 habe ich ein kleines blühendes Exemplar, ca. 20 cm hoch, unter einer Hecke der Kleingartenanlage in der Talstraße in Weingarten gesehen (leider kein Bild vorhanden).
16. Wie zu erwarten, war im Vogtland Ende Juni auch der Gewöhnliche Klettenkerbel, Torilis japonica zu sehen, der um diese Zeit in ganz Deutschland, auch in Oberschwaben, blüht. Er sieht auch irgendwie kerbelartig aus, lässt sich jedoch an seinen sehr schmalen, den Doldenstrahlen eng anliegenden Hüllblättern erkennen. Der Stängel und die Doldenstiele fühlen sich rau an.
Die Früchte habe ich am 20.08.2018 im Altdorfer Wald bei Baumgarten gepflückt.
17. Am 08.07.2018 habe ich den ersten blühenden Gewöhnlichen Pastinak, Pastinaca sativa gesehen. Er ist leicht zu erkennen. Erstens gibt es wenig gelb blühende Doldenblütler und sein Aroma, er riecht ausgeprägt nach Pastinak, macht ihn erst recht unverwechselbar. Die Pflanze fällt mir bis jetzt immer erst auf, wenn sie blüht, obwohl man sie aufgrund des Aromas auch schon an den Blättern erkennen könnte. Man sieht ihn auch in meiner direkten Umgebung immer wieder vom Auto aus am Straßenrand.
Die fruchtende Pflanze habe ich Ende August gesehen:
18. Am 14.07.2018 bei der NABU-Exkursion war auf den Wiesen um das "Lindele" mit zahlreichen Exemplaren die Große Pimpinelle, Pimpinella major zu sehen. Die Dolde ist ohne Hüll- und Hüllchenblätter. Man erkennt sie vor allem an der Form ihrer gefiederten, unteren Blätter, die eilanzettlich, spitz, bis 4 cm lang sind und häufig glänzen.
Später erkennt man sie auch daran, dass die Griffel nach dem Verblühen länger als die Früchtchen sind.
19. Die Kleine Pimpinelle, Pimpinella saxifraga war dann am 12.08.2018 ziemlich häufig auf der Rundwanderung im Wurzacher Ried zu sehen. Auch ihre Dolde ist ohne Hüll- und Hüllchenblätter, aber ihre grundständigen, gefiederten Blätter sind deutlich kleiner als bei der Großen Pimpinelle und von der Form her eiförmig-rundlich und stumpf. Die Fiederblättchen des Stängels sind klein mit linealen Zipfeln. (Leider sind meine Bilder nicht gerade gut gelungen).
Die Griffel der Früchtchen nach dem Verblühen sind viel kürzer als bei der Großen Pimpinelle.
20. Die Wiesensilge, Silaum silaus ist ein Doldenblütler, den man in Oberschwaben kaum finden kann. Das erste Exemplar habe ich im Juni 2011 bei einer Kartierexkursion bei Illerrieden gesehen. Die nächsten, auch wenigen, Exemplare fand ich dann erst wieder am 08.09.2020 in der Fränkischen Schweiz:
Von den Blätter her musste ich als erstes an Sumpf-Haarstrang denken:
Zu Sumpf-Haarstrang (weiße Blüten) passt aber die Farbe der Blüten (gelbgrünlich) nicht:
Weitere Kennzeichen der Wiesensilge sind: kantiger Stengel, 5-10-strahlige Dolden mit verschieden langen Strahlen. Die Frucht ist eiförmig, etwa 5 mm lang.
Leider hat die Zeit für bessere Bilder nicht gereicht.
21. Ende April 2024 bin ich ausnahmsweise nach Ludwigshafen am Rhein gekommen. Und was sehe ich sofort an einem Ruderalstandort am Lutherplatz? Ein mir völlig unbekanntes Doldengewächs, vom Wuchs her zierlich, geruchsmäßig für mich neutral, gefiederte Blätter und, am auffällligsten, so winzige Blüten, dass sie ohne Lupe kaum zu sehen sind. Stellenweise machte die Pflanze einen ziemlich haarigen Eindruck. Mittlerweile gibt es ja die App "Flora Incognita" und die hat mit 99% Wahrscheinlichkeit gemeint: Hunds-Kerbel / Anthriscus caucalis
Am nächsten Tag, bei einem Erkundungsgang auf der Rheinschanzenpromenade, wuchs diese Pflanze zahlreich in den Pflasterfugen.
Der Hunds-Kerbel fehlt südlich der Donau und gilt im nördlichen Oberrheingebiet als eingebürgerter Archäophyt, der sich neuerdings dort in Ausbreitung befindet.