1. Geh aus, mein Herz, und suche Freud / in dieser lieben Sommerzeit / an deines Gottes Gaben; / schau an der schönen Gärten Zier / und siehe, wie sie mir und dir / sich ausgeschmücket haben, / sich ausgeschmücket haben.
2. Die Bäume stehen voller Laub, / das Erdreich decket seinen Staub / mit einem grünen Kleide; / Narzissus und die Tulipan,
/ die ziehen sich viel schöner an / als Salomonis Seide, / als Salomonis Seide.
3. Die Lerche schwingt sich in die Luft, / das Täublein fliegt aus seiner Kluft / und macht sich in die Wälder; / die hochbegabte Nachtigall / ergötzt und füllt mit ihrem Schall / Berg, Hügel, Tal und Felder, / Berg, Hügel, Tal und Felder.
4. Die Glucke führt ihr Völklein aus, / der Storch baut und bewohnt sein Haus, / das Schwälblein speist die Jungen, / der schnelle Hirsch, das leichte Reh / ist froh und kommt aus seiner Höh / ins tiefe Gras gesprungen, / ins tiefe Gras gesprungen.
5. Die Bächlein rauschen in dem Sand / und malen sich an ihrem Rand / mit schattenreichen Myrten; / die Wiesen liegen hart dabei / und klingen ganz vom Lustgeschrei / der Schaf und ihrer Hirten, / der Schaf und ihrer Hirten.
6. Die unverdroßne Bienenschar / fliegt hin und her, sucht hier und da / ihr edle Honigspeise; / des süßen Weinstocks sarker Saft / bringt
täglich neue Stärk' und Kraft / in seinem schwachen Reise, / in seinem schwachen Reise.
7. Der Weizen wächset mit Gewalt; / darüber jauchzet jung und alt / und rühmt die große Güte / des, der so überfließend labt, / und mit so manchem Gut begabt / das menschliche Gemüte, / das menschliche Gemüte.
8. Ich selber kann und mag nicht ruhn, / des großen Gottes großes Tun / erweckt mir alle Sinnen; / ich singe mit, wenn alles singt, / und lasse, was dem Höchsten klingt, / aus meinem Herzen rinnen, / aus meinem Herzen rinnen.
9. Ach, denk ich, bist du hier so schön / und läßt du's uns so lieblich gehn / auf dieser armen Erden: / was will doch wohl nach dieser Welt / dort in dem reichen Himmelszelt / und güldnen Schlosse werden, / und güldnen Schlosse werden!
10. Welch hohe Lust, welch heller Schein / wird wohl in Christi Garten sein! / Wie muß es da wohl klingen, / da so viel tausend Seraphim / mit unverdroßnem Mund und Stimm / ihr Halleluja singen, / ihr Halleluja singen.
11. O wär ich da! O stünd ich schon, / ach süßer Gott, vor deinem Thron / und trüge meine Palmen: / so wollt ich nach der Engel Weis / erhöhen deines Namens Preis / mit tausend schönen Psalmen, / mit tausend schönen Psalmen.
12. Doch gleichwohl will ich, weil ich noch / hier trage dieses Leibes Joch, / auch nicht gar stille schweigen; / mein Herze soll sich fort und fort / an diesem und an allem Ort / zu deinem Lobe neigen, / zu deinem Lobe neigen.
13. Hilf mir und segne meinen Geist / mit Segen, der vom Himmel fleußt, / daß ich dir stetig blühe; / gib, daß derSommer deiner Gnad / in meiner Seele früh und spat / viel Glaubensfrüchte ziehe, / vile Glaubensfrüchte ziehe.
14. Mach in mir deinem Geiste Raum, / daß ich dir werd ein guter Baum, / und laß mich Wurzel treiben. / Verleihe, daß zu deinem Ruhm / ich deines Gartens schönste Blum / und Pflanze möge bleiben, / und Pflanze möge bleiben.
15. Erwähle mich zum Paradeis / und laß mich bis zur letzten Reis / an Leib und Seele grünen, / so will ich dir und deiner Ehr / allein und sonsten keinem mehr / hier und dort ewig dienen, / hier und dort ewig dienen.
Text: Paul Gerhardt 1653. Melodie: August Harder vor 1813